...als ob ich ein Ausländer wäre

Von Jerko Mikanov

Wir befinden uns im Einfamilienhaus der Familie Šišić. Herr Ilija, der als junger Mann mit neunundzwanzig Jahren von Kroatien nach Deutschland ging, kehrte erst mit sechzig Jahren als alter Mann in seine Heimat zurück. Gemütlich in einem Sessel gelehnt, war er erfreut, über sein Leben als Gastarbeiter in Deutschland zu sprechen. Meine Fragen wurden auf Deutsch gestellt, er antwortete in kroatischer Sprache.

Herr Ilija, warum sind Sie nach Deutschland gegangen?
Ich ging weg
en der Arbeit nach Deutschland. Hier in Kroatien, konnte ich keine Arbeit finden. Mehrmals habe ich mich nach Arbeitsstellen ausgekündigt, ich reichte mehrere Anfragen für eine Arbeit ein, aber bekam keine Arbeitsstelle. Zu dieser Zeit arbeitete mein Bruder schon in Deutschland und ich beschloss, Kroatien zu verlassen, um in Deutschland zu arbeiten.

Wie fanden Sie sich in Deutschland zurecht?
Um ehrlich zu sein, fand ich mich elend zurecht, so fand ich mich zurecht. Ich fand
mich mit Hilfe meiner Freunde zurecht. Ich konnte weder Deutsch schreiben noch Deutsch sprechen. Man bat jeden um Hilfe - ältere Gastarbeiter, Freunde, eigentlich alle. Mein Bruder, der nicht weit von mir lebte, hat mir auch geholfen.

Wo haben Sie gearbeitet und wie war es dort?
Ich habe in einer
Kühlschrankfabrik gearbeitet. Nun, dort war es gut, dort arbeiteten siebenhundertunddreißig Arbeiter, überwiegend Ausländer. Dort arbeiteten Angehörige vieler Nationalitäten aus dem damaligen Jugoslawien - Kroaten, Serben, Bosnier und dort haben auch Türken, Italiener und Griechen gearbeitet. Die Arbeitszeit war von sieben Uhr Morgens bis sechzehn Uhr Nachmittags. Im Allgemeinen waren wir gut von den Deutschen Arbeitern akzeptiert, wir waren nicht ausgeschlossen und man respektierte uns.

War es schwierig ihre Familie in Kroatien zurückzulassen und wie fühlten Sie sich deswegen?
Ja, es war schwer, sehr schwer. Ich war traurig, weil ich meine Familie, meine Frau und drei Kinder verlassen musste. Das
war eine schwierige Entscheidung für mich, aber es musste so sein, die Kinder sind zur Welt gekommen und ich musste einfach für sie sorgen. In Kroatien konnte ich keine Arbeit finden und mir blieb keine andere Wahl als nach Deutschland zu gehen. Noch heute tut es mir weh, noch heute quäle ich mich darüber, dass ich auf diese Weise meine Familie verlassen musste. In Deutschland habe ich mein junges Leben gelassen! Dreiunddreißig Jahre und sieben Tage arbeitete ich dort!

War es Ihr Plan, so viele Jahre in Deutschland zu verbringen?
Nein, nein, ich wollte nur in Deutschland Geld verdienen, damit ich ein Grundstück in Kroatien kaufen kann und danach wollte ich nach Hause zurückkehren. Nachdem ich genug Geld in Deutschland verdiente, kaufte ich ein Grundstück in Kroatien. Erneut habe ich versucht in Kroatien
eine Arbeitsstelle als Förster zu bekommen aber ich bekam die Arbeit nicht und so entschied ich mich, in Deutschland zu bleiben. Später wollte ich meine Familie auch nach Deutschland bringen, aber ich hatte nicht genug Geld und so lebte ich alle diese Jahre in Deutschland alleine und meine Familie lebte in Kroatien.

Waren sie mit der Arbeit in Deutschland zufrieden?
Ja, mit der Arbeit war ich zufrieden. Die Vorgesetzten und die deutschen Arbeiter waren gut zu uns Ausländern. Der Deutsche machte keine Unterschiede zwischen den Arbeitern, für ihn waren alle Arbeiter gleich, die Nationalität spielte dabei keine Rolle, man schätzte gute, fleißige Arbeiter.

Hatten Sie viele Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache?
Ja, ich habe mich sehr viel mit der Sprache gequält. Um ehrlich zu sein, habe ich nicht so viel Deutsch gelernt. Ich habe nur so viel gelernt, was nötig war, damit mich
niemand so leicht betrügen kann. Wenn ich jetzt sagen würde, dass ich auf Deutsch schreiben und lesen kann, das wäre eine Lüge. Das, was ich für meine Arbeit brauchte, habe ich gut gelernt aber anderes nicht. Ich hatte am meisten Schwierigkeiten mit der Aussprache. Wenn der Vorarbeiter mir sagte „Heute machst du 10 Kühlschränke von diesem Modell und 20 von dem anderen“, bemühte ich mich zu verstehen, was er von mir verlangte. Nicht nur in der Fabrik hatte ich Schwierigkeiten mit der Sprache, sondern auch im Leben allgemein, z. B. wenn ich in ein Geschäft kam und etwas brauchte, dann habe ich mit dem Finger auf diese Sache gezeigt (lacht). Erst nach zwei Jahren habe ich die Grundlagen gelernt und quälte mich mit der Sprache nicht so sehr.

Wie fühlten Sie sich in Deutschland?
Ich war traurig, fühlte mich wie ein Fremder. Ich fühlte mich so, als ob ich zu dieser Gesellschaft nicht gehöre. Ich fühlte mich als Angehöriger dieser Gesellschaft nur dann, wenn wir Ausländer uns alle
zusammen in einer Kneipe zu einem Getränk versammelten und Schnaps getrunken haben. Die Deutschen waren freundlich zu uns, da kann man gar nichts sagen.

Herr Ilija, sie haben vor dem Interview erwähnt, dass Sie nur drei Mal im Jahr ihre Familie besuchten. Warum haben Sie so selten ihre Familie in Kroatien besucht?
Ich konnte
sie nicht öfter besuchen. Pass auf, alle deutschen Arbeiter, die Kinder und Familie in Deutschland hatten, hatten Vorteil. Wir, also die Arbeiter, die keine Familie in Deutschland hatten, bekamen Urlaub nur zur Weihnachten, Ostern und während der Schulferien - falls es die Firma erlaubte. Wir, die Arbeiter, haben dagegen protestiert und dann wurde die Firma für zwei Wochen während der Schulferien geschlossen, so bestimmte es die Gewerkschaft. Die Arbeiter mit Frau und Kindern hatten große Vorteile, was den Urlaub angeht, gegenüber anderen Arbeitern, die keine Frau und Kinder hatten.

Wie fühlten Sie sich, nachdem sie nach so vielen Jahren endgültig in Ihre Heimat zurückgekehrt sind?
Nun
weißt du was, ich war glücklich wieder nach Kroatien zurückzukehren, als ich in die Rente ging. Ich lebe schon elf Jahre in Kroatien. Aber ich kann dir sagen, ich fand mich hier in Kroatien, nachdem ich so viele Jahre in Deutschland lebte, nicht zurecht. Wo immer ich auch hinkam, sagte man: “Komm morgen, wann immer ich auch kam, sagte man: “Komm übermorgen.“ Man kommt z. B. zum Doktor und dort ist alles besetzt. Alles schien so, als ob ich ein Ausländer wäre. Die Leute hier haben mich als einen Ausländer behandelt. Sie benahmen sich zu mir wie zu einem Ausländer genau so, wie man sich zu mir in Deutschland benahm. Das war genau so, darüber gibt es keine Rede. Ich muss gestehen, dass mir Deutschland, nach elf Jahren, die ich hier in Kroatien verbracht habe, fehlt. In ein paar Monaten werde ich meine Schwester, die in Deutschland lebt, besuchen, um mich an die alten Zeiten in Deutschland zu erinnern.

Herr Ilija, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!
Nein, ich dank
e dir! Die alten Leute lieben, viel zu sprechen!

Meine Zeit nach Deutschland

Von Nataša Agatić

Marina Glavota ist eine 38-jährige Hausfrau, die seit 1998 mit ihrer Familie in Osijek lebt. Sie ist eine von vielen, die im Jahr 1991 mit ihrer Familie nach Deutschland ausgewandert ist, da in Bosnien der Krieg anfing. Sie erzählt uns von ihrem damaligen Leben in Deutschland. Wie das Leben in Deutschland war, wie es jetzt in Kroatien ist und warum es zum Umzug gekommen ist. Eins steht fest: es war für sie nicht leicht, zu erfahren Deutschland auf Wiedersehen sagen zu müssen.


Wie lange und wo haben Sie in Deutschland gelebt?
1991 bin ich mit meinem Mann und einem Kind nach Deutschland, bzw. nach Stuttgart gezogen. Vor dem Umzug lebten wir glücklich und zufrieden in Bosnien. Wir führten ein schönes Leben und uns hat nichts gefehlt. Doch dann kam es zum Krieg… Ein sehr guter Freund meines Mannes lebte schon in Stuttgart und er hörte von den Unruhen in Bosnien und lud uns zu sich nach Stuttgart ein. Da wir nicht viele Möglichkeiten hatten, beschlossen wir auszuwandern, besonders wegen unserem damals 4-jährigen Jungen. Also fing 1991 unser Leben in Stuttgart an und es endete 1998.

Wann und warum sind Sie nach Kroatien bzw. Osijek gezogen?
Im Jahr 1997 beschlossen die deutschen Behörden, dass es für die Flüchtigen aus Bosnien Zeit ist, in ihre Heimat zurück zu gehen. Wir bekamen einen Brief in dem alles stand; warum wir in unsere Heimat zurück gehen müssen, bis wann wir in Deutschland bleiben konnten, warum wir in den ganzen Jahren keine deutschen Bürger geworden sind. Ich erinnere mich noch ganz genau an den Tag, als ob es gestern war, an dem ich den Brief aufgemacht habe. Die Tränen kamen von ganz alleine… Wir sollen einfach so aus diesem Land gehen, das Teil unseres Lebens geworden ist. Wir hatten uns alles aufgebaut und wir sollten es einfach so verlassen… Real ist alles für uns geworden, als wir in Kroatien mit all unseren Sachen angekommen sind.

Wie fühlten Sie sich, als Sie erfahren haben, dass ihre Zeit in Deutschland zu Ende gekommen ist?
Wie gesagt, die Tränen sind von alleine gekommen als ich den Brief geöffnet habe und begriffen habe, um was es sich im Brief handelt. Ich habe den Brief ein paar mal gelesen um zu sehen ob ich träume oder es real ist. Mein Mann und ich haben uns darüber informiert um zu sehen ob es eine Möglichkeit gibt in Deutschland zu bleiben. Wir haben Vieles versucht, aber das Gesetz sagte seins. Die letzten Monate in Deutschland waren für mich sehr schwer. Mein Mann und ich arbeiteten mehr als sonst, denn wir wussten nicht was uns in Osijek erwartet. Wir wussten nur, dass wir in Osijek für ein paar Monate bei meinen Eltern leben würden. Doch dass Wichtigste war, positiv auf die Zukunft zu blicken.

War es für Sie sehr schwer, Ihr Leben, Ihre Freunde und Ihre Arbeit in Deutschland zu hinterlassen?
Es war sehr schwer. Wir mussten unser ganzes Leben in Deutschland liegen lassen und neu anfangen. Aber zum Glück hatten wir Zeit uns auf den Neuanfang vorzubereiten. Es ist nicht so, dass wir nie in Osijek waren. Wir besuchten in den Ferien unsere Eltern und gingen nach Bosnien, aber über ein Leben in Osijek haben wir uns nie Gedanken gemacht, wir dachten, dass wir in Stuttgart alt werden würden. Mein Mann und ich gingen ein paar mal vor dem Umzug nach Osijek, informierten uns wo es am besten sein würde zu leben, über die Arbeitssituation, die Schulen, Immobilien etc.

Wie sah Ihr Leben in den ersten Monaten in Kroatien aus?
Die ersten Monate waren alles andere als leicht. Das Erste, worum wir uns gekümmert haben, war die Schule für unsere Kinder. Sie sollten sich an ihr neues Leben gewöhnen und sich wohl fühlen. Meine gröβte Angst war es, dass sich meine Kinder nicht integrieren, aber es stellte sich heraus, dass sie es besser geschafft haben, als mein Mann und ich. Mein Mann fand sehr schnell einen Job, was uns sehr erfreute. Ich dagegen nicht. Meine Job war Hausfrau und Mutter zu sein. Es fiel mir sehr schwer, mich an diese Situation zu gewöhnen, denn in Deutschland arbeitete ich 7 Jahre lang. Noch dazu lebten wir bei meinen Eltern. Wir verstanden uns sehr gut, trotzdem mussten wir aufpassen, denn es war nicht unser Eigentum. Doch nach 2 Jahren, war unser Haus fertig und wir sind umgezogen.

Sie haben drei Kinder. Zwei von ihren Kindern haben in Deutschland mit ihrer Schulausbildung angefangen. Wie war es für sie in eine neue und anderssprachige Schule zu kommen?
Als wir erfahren haben, dass wir nach Kroatien umziehen werden, haben wir unsere zwei Kinder an der kroatischen Schule angemeldet. Da es in Deutschland sehr viele Flüchtlinge aus Bosnien gab, hatte man die Möglichkeit, seine Kinder 2 mal wöchentlich zu einem Kroatischkurs zu bringen. Also gingen sie ein Jahr lang dort hin und somit bereiteten sie sich ein bisschen auf ihre zukünftige Schule vor. Wir sprachen auch zu Hause Kroatisch, aber die Kinder sprachen mehr Deutsch, wegen ihrer Umgebung. Zum Glück haben sich unsere Kinder sehr schnell in Osijek integriert und neue Freundschaften geschlossen. Mit der Schule bzw. dem Lernmaterial hatten sie auch keine gröβeren Schwierigkeiten. Deswegen ist mir ein Stein von Herzen gefallen, da ich mir am meisten Sorgen um meine Kinder gemacht habe.

Wie wurden Sie in Osijek von ihrer Umgebung aufgenommen?
In den ersten paar Wochen habe ich mich mehr um meine Kinder gekümmert. Meine Eltern machten uns mit ein paar Nachbarn bekannt, aber so richtig kennengelernt hatten wir keinen. Erst nach zwei, drei Monaten hatten wir Anschluss zu unserer Umgebung gefunden. Mein Mann und ich befreundeten uns mit einem Nachbarspärchen und so erweiterte sich unser Freundeskreis. Mit einigen davon sind wir noch heute sehr gute Freunde. Man kann sagen, dass wir uns etwas später integriert haben, aber dafür sehr gute Freunde gefunden haben.

In Deutschland hatten Sie und Ihr Mann eine feste Arbeit. Wie war die Arbeitssituation nach dem Umzug nach Kroatien?
Es stimmt, in Deutschland hatten wir beide eine feste Arbeit. Ich als Verkäuferin in einem kleineren Geschäft und mein Mann als Busfahrer. Unser Einkommen war für uns genügend. Als wir nach Osijek kamen, hat mein Mann, mit Hilfe meines Vaters einen Job als Busfahrer gefunden. Ich dagegen war eine lange Zeit ohne Arbeit. Es war schwer für mich, da ich 7 Jahre lang in Deutschland gearbeitet habe. Ich habe nach einem Job gesucht, aber fand nichts. Nach 2 Jahren fing ich an als Verkäuferin zu arbeiten und tu es heute noch immer. Ich bin froh in dieser schwierigen Zeit eine Arbeit zu haben.

Welche gröβeren Unterschiede können Sie uns zwischen Deutschland und Kroatien nennen?
Der gröβte Unterschied ist in der Mentalität. Die Deutschen sind viel geschlossener und leben ihr Leben in den eigenen vier Wänden. Die Kroaten, dagegen sind viel offener und kommunikativer. In Kroatien ist es ganz normal, unangemeldet jemanden einen Besuch zu gestatten, in Deutschland regelt man das mit einem Anruf. Meiner Meinung nach ist es besser in Kroatien, was die Gesellschaft angeht. Das Einkommen war in Deutschland besser, aber wir sind glücklich, überhaupt eine Arbeit zu haben. Ich fühle mich besser, sicherer und freier in Osijek. Vielleicht ist es auch weil ich unter „meinen Leuten“ bin. (lacht)

Wenn Sie die Chance hätten wieder nach Deutschland zurück zu ziehen, würden Sie diese wahrnehmen?
Ich muss gestehen, dass ich öfters darüber nachgedacht habe. Ich bin zu keinem Entschluss gekommen. Warum ja und warum nein? Vielleicht hätten meine Kinder mehr Möglichkeiten für eine gute Karriere, aber wer weiss, wie wir jetzt in Deutschland leben würden. Doch in Kroatien bzw. in Osijek fehlt uns nichts, meine Familie und ich sind sehr zufrieden mit unserem jetzigen Leben. Im Groβen und Ganzen kann ich sagen, dass jedes Land seine positiven und negativen Seiten hat. Ich bin froh, dass ich vieles sehen und erleben konnte und eine anderes Land und seine Kultur kennenlernen konnte. Ich erinnere mich sehr gerne an die schöne Zeit in Deutschland, doch in Osijek will ich alt werden.

Illegale Schwarzarbeiter in Österreich
Erfahrungen der kroatischen Illegalen

Von Krešimir Klisurić

Ich besuche Frau NN, die während der letzen 15 Jahre illegal in Österreich gearbeitet hat. Sie hat mich für das Interview zu einem Kaffe bei sich zu Hause eingeladen. Als ich vor ihr Haus komme, überrascht es mich nicht, dass es ein zweistöckiges Neubauhaus ist. Der Rest des Grundstücks sowie das Haus sind sehr ausgiebig eingerichtet. Im Inneren finde ich eine ebenso ausgiebige Einrichtung vor. Ich setze mich zu Tisch und während die Frau einen türkischen Kaffee aufsetzt, kommen wir langsam ins Gespräch über ihren Auffenhalt und die Arbeit in Österreich.

Sie haben illegal in Österreich gearbeitet, soweit ich informiert bin?
Ja, dass ist schon richtig. Ich habe eine längere Zeit in Österreich verbracht und zwar illegal.

Sagen sie mir genau wie lange und als was sie gearbeitet haben?
Ich hab ungefähr von März 1995 bis Juni 2010 in Österreich gearbeitet. Es war nicht beim gleichen Arbeitsgeber, aber es war immer dieselbe Arbeit. Ich habe als Haushaltshilfe gearbeitet, in der Küche, im Haus putzen, bügeln oder auf dem Hof kleinere Tiere wie Hühner oder Hasen füttern. Es war an zwei verschiedenen Weinhöfen.

War die Arbeit schwierig?
Öfters war es schwierig, aber nicht direkt die Arbeit selbst, sondern vielmehr die Arbeitsgeber. Sie waren sehr anspruchsvoll und die Arbeitszeiten waren manchmal bis zu 12 Stunden.

Wieso waren die Arbeitszeiten so lang?
Da ich kein Visum hatte, musste ich alle zwei Wochen nachhause nach Kroatien gehen und dann zwei Wochen warten für eine Neueinreise. So war es mit dem Arbeitsgeber abgesprochen und auch mit einer anderen Frau aus Kroatien, die dort gearbeitet hat. Wir haben uns alle zwei Wochen abgewechselt. Aber um mehr zu verdienen, hab ich deshalb Doppelschichten gemacht.

Hat die Grenzpolizei niemals Verdacht geschöpft?
Doch. Öfters wurde ich nach dem Grund gefragt wieso ich ständig hin und her reise. Doch ich hatte Glück, dass mein Ehemann ein Arbeitsvisum hatte und dann war immer die Ausrede ich gehe ihn besuchen.

Aber wenn ihr Ehemann ein Arbeitsvisum hatte, wieso haben sie auch nicht eins beantragt?
Ich hatte zu Begin ein Familienvisum. Doch ich wurde erwischt wie ich Schwarzarbeit betreibe und mir wurde ein Arbeitsvisumverbot ausgesprochen. Ich konnte zwar noch einreisen aber nicht arbeiten.

Wie war es dann für sie in Österreich als Illegale zu leben?
Es war gut. Österreich hat auch einen guten Standard. Doch da war auch die ständige Angst, dass ich erwischt werde. Es gab einen Vorfall vor der Mietwohnung, die ich und mein Mann bezogen haben. Die Polizei ging von Haus zu Haus um sich zu erkundigen. Ich wusste das nicht und in den ersten Momenten, wo sie an meiner Tür waren, dachte ich es wäre meinetwegen. So eine Angst habe ich immer an der Grenze gehabt, jedes Mal wann ich Eingereist bin.

Jetzt haben sie auch meine nächste Frage gleich dazu beantwortet, aber was mich noch interessiert ist, ob es leichter war vor der EU nach Österreich einzureisen oder danach?
Es war definitiv leichter nach der Entstehung der EU, weil ich da nur eine Grenze passieren musste und zwar die von Slowenien. Die Angst war immer noch präsent aber nicht so wie früher. Auch der Euro hatte seine Vorteile, denn ich habe mehr verdient.

Haben sie Kinder? War es schwierig ohne sie zu leben und arbeiten in einem fremden Land?
Ja, ich habe drei Kinder. Die sind jetzt alle erwachsen, aber es war sehr schwierig. Zum Gluck hatte ich meine Familie, die mir geholfen hat in der Erziehung. Ich weiß nicht wie wir es anders geschafft hätten, aber das war halt der Preis, den ich zahlen musste, um meinen Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen, denn in Kroatien war die Situation besonders nach dem Krieg sehr schwierig. Ich hatte keinen anderen Ausweg als irgendwo im Ausland zu arbeiten.

Arbeiten sie immer noch oder sind sie jetzt die ganze Zeit zu Hause in Kroatien?
Mein Ehemann ist letztes Jahr in die frührente gegangen und jetzt sind wir dauerhaft in Kroatien. Seine Firma ist bankrot gegangen, doch er hatte zum Glück Anspruch auf eine Rente, sonst wären wir aufgeschmissen. Wir sind schon alt und hätten nur schwer Arbeit gefunden.

Jetzt noch am Ende eine Frage. Was können sie allgemein über die ganze Erfahrung sagen? Hätte etwas anders sein können?
Es war gut so, wie es war. Die Arbeit war schwer, aber ich konnte meinen Kindern alles bieten, was sie brauchten. Jetzt habe ich es umso leichter und wir können auch gut von der Rente meines Mannes leben. Ich wünsche mir nur ich hätte auch auf mein Arbeitsvisum gewartet, anstatt zu arbeiten und es dadurch für immer zu verlieren.

Die Zahl der illegalen Arbeiter, die überwiegend nur schwarz arbeiten, betrug 1995 75.000 Personen und stieg bis 2007 auf 102.000 Personen. Nach letzten Forschungen ist die Zahl der illegalen Arbeiter bis 2010 sogar auf 125 000 angestiegen. Viele meinen, dass es wegen der offenen Grenzen innerhalb der EU zu diesen Zahlen kommt. Die Zukunft wird zeigen, ob dieser Trend auch beibehalten wird. (APA OTS)