Von Elena Džojić
Ein ganz typischer Wintertag in Slawoninen. Während es draussen kalt ist und es langsam anfängt zu schneien, sitze ich mit Sandra Simic im Café San Francisco. Sie kam vor zwei Wochen nach Osijek, um ihre Eltern zu besuchen, da sie in der Schweiz als Architektin arbeitet. Während wir langsam unsere Cappuccions austrinken, sotellte ich ihr ein Paar Fragen zu ihrem Leben und ihrer Arbeit in Zürich.
Sandra, du lebst jetzt schon seit mehr als zehn Jahren in der Schweiz. Gibt es sehr viele Unterschiede zwischen dem Leben,das du in der Schweiz hast, und dem ,das du in Kroatien hattest?
Es gibt sogar sehr viele Unterschiede. Vor allem unterscheidet sich die Art, wie die Menschen in der Schweiz miteinander umegehen. Meine Erfahrungen in Kroatien sind so viel besser. Wenn ich es damals besser gewusst hätte, wäre ich niemals in die Schweiz gezogen.
Ist es denn so schlimm, dass du sogar deinen Entschluss, in der Schweiz zu studieren, bereust?
Das Wort „bereuen“ würde ich nicht benutzen, aber mir tut es schon Leid, dass ich mein Studium nicht in Kroatien beendet habe. Ich wollte damals unbedingt im Ausland studieren. Alle sagten mir, dass man dort viel mehr Chancen für eine bessere Zukunft hat, da Kroatien als nicht so entwickeltes Land galt. Nach langem Nachdenken und intensiever Beratung mit meinen Eltern und meinen damaligen Lehrern, erschien mir die Schweiz als gute Lösung.
Wieso hast du gerade die Schweiz ausgewählt? Gab es einen besonderen Grund dafür?
Einer der wichtigsten Gründe dafür, dass ich die Schweiz wählte, war vor allem meine Tante, die dort mit ihrer Familie lebte. Schon seit dem ich ein kleines Kind war, besuchte ich sie oft in Zürich. Als sie von meinen Eltern hörte, dass ich darüber nachdenke im Ausland zu studieren, bot sie mir an, für den Anfang bei ihnen zu wohnen. Ein weiterer Grund war der, dass ich gute Deutschkenntnise hatte und es in der Schweiz keine Aufnahmeprüfungen an den Universitäten gibt. Da ich mich immer für Zeichnen, Mathematik und Konstruktionen interessierte, entschied ich mich schlussendlich Architektur zu studieren. Ich habe mir alles so anders vorgestellt, als es im Endeffekt war.
Wie waren denn deine Vorstellungen? Wurden deine Erwartungen erfüllt?
Ich hab mir mein neues Leben nicht so schwer vorgestellt. Natürlich wusste ich, dass ich meine Familie, meine Freunde und mein ganzes bisheriges Leben hinter mir lasse, aber ich hätte nicht erwartet, dass mir diese Getrenntheit so schwer fallen würde. Ich musste mich in einer ganz neuen Umgebung zurechtfinden. Ich fühlte mich sehr allein.
Alleine? Waren deine Tante und deine Cousinen keine Unterstüzung?
Tja, das war die erste Lektion die ich in der Schweiz gelernt hatte: Niemand hat Zeit, jeder ist im Stress. Meine Tante arbeitete in einem Krankenhaus und war erst sehr spät am Abend zu Hause, manchmal arbeitete sie sogar am Wochenende. Da sie wegen ihrer Arbeit immer sehr müde war, wollte ich sie nicht noch mehr mit meinen Problemen belasten. Mit meinen Cousinen war es nicht sehr viel anders: sie hatten einen geregelten Tagesablauf, der aus Schule und Lernen bestand. Da war nicht sehr viel Zeit für mich übrig. Ich musste da mit meinem neuen Leben ganz alleine zurechtkommen. Die ersten Monate waren die schlimmsten. Es fiel mir sehr schwer von meiner Familie getrennt zu sein und vor allem musste ich mich an die Distanz, welche die Schweizer zueinander hatten, gewöhnen.
Unterscheidet sich denn ihr zwischenmenschlicher Umgang sehr von dem kroatischen?
Ja, und wie. In der Schweiz ist jeder für sich, man teilt nicht seine Emotionen miteinander, alles ist sehr oberflächlich und distanziert. Das war auch ein Grund dafür, dass es für mich sehr schwer war, Konatkt zu den anderen Studenten aufzubauen und Freundschaften zu schliessen. Doch mit der Zeit wuchs mein Selbstbewusstsein und traute ich mich, mehr auf andere zuzugehen. Aber es brauchte sehr viel Zeit bis ich das Gefühl hatte, in die Gesellschaft integriert zu sein, obwohl es nie wirklich passieren wird.
Hast du noch immer das Gefühl, nicht richtig dazuzugehören? Behandeln dich die Schweizer anders, wenn sie erfahren, dass du eine Ausländerin bist?
Ich würde diese Frage sehr gerne mit „Nein“ beantworten, doch ich kann nicht. So neutral ist die Schweiz nun auch nicht. Ich werde noch immer manchmal als „Balkaner“ bezeichnet, der nichts zu stande bringen kann. Dabei habe ich mein Studium sehr erflogreich abgeschlossen, arbeite seit drei Jahren in einem angesehenen Unternehmen und lebe sehr gut davon. Ich arbeite meistens von morgens bis abends und komme total fertig nach Hause. Doch in der Schweiz wird man oft nicht danach gemessen, wieviel man erreicht hat, sondern eben woher man kommt und welcher Nationalität man entspricht. Viele Male ist es mir passiert, dass die Leute sehr nett zu mir waren, doch in dem Moment, wo sie merken dass ich eine Ausländerin bin, ihr Benehmen blitzschnell ändern. Als ob sie etwas besseres sind als ich.
Ist das auch ein Grund dafür, dass du Kroatien viel mehr schätzt und dir wünschst hiergeblieben zu sein?
Das ist eigentlich der grösste Grund dafür. Bitte, verstehe mich nicht falsch. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich eine Chance hatte im Ausland zu studieren und sogar dort arbeiten zu können. Viele hatten diese Chance nicht. Wer weiss, was mit mir vielleicht passiert wäre, wenn ich in Kroatien geblieben wäre. Vielleicht hätte ich nie mein Studium beendet. Doch ich kann die Schweiz nicht als mein Zuhause nennen. Ich fühle keine Verbindung zu diesen Land, noch zu den Menschen die dort leben. Immer wenn ich nach Kroatien komme, hab ich das Gefühl zu Hause zu sein.
Hast du schon darüber nachgedacht wieder nach Osijek zu ziehen? Könntest du alles in der Schweiz aufgeben und hier wieder neu anfangen?
Ich muss zugeben, dass ich sehr oft darüber nachdenke. Und nach jedem Kroatienbesuch fällt es mir schwerer, wieder in die Schweiz zu fahren. Doch ich baue mir dort langsam, aber sicher eine Karriere auf. Ich habe einfach zu viel Angst, in Kroatien keine Arbeit zu finden. Doch sobald ich mir einen Namen in der Schweiz gemacht habe, hoffe ich eine eigene Firma in Kroatien zu gründen.
Ich wünsche dir sehr viel Glück dabei! Vielen Dank, dass du auf all meine Fragen so ehrlich geantwortet hast.
Ein ganz typischer Wintertag in Slawoninen. Während es draussen kalt ist und es langsam anfängt zu schneien, sitze ich mit Sandra Simic im Café San Francisco. Sie kam vor zwei Wochen nach Osijek, um ihre Eltern zu besuchen, da sie in der Schweiz als Architektin arbeitet. Während wir langsam unsere Cappuccions austrinken, sotellte ich ihr ein Paar Fragen zu ihrem Leben und ihrer Arbeit in Zürich.
Sandra, du lebst jetzt schon seit mehr als zehn Jahren in der Schweiz. Gibt es sehr viele Unterschiede zwischen dem Leben,das du in der Schweiz hast, und dem ,das du in Kroatien hattest?
Es gibt sogar sehr viele Unterschiede. Vor allem unterscheidet sich die Art, wie die Menschen in der Schweiz miteinander umegehen. Meine Erfahrungen in Kroatien sind so viel besser. Wenn ich es damals besser gewusst hätte, wäre ich niemals in die Schweiz gezogen.
Ist es denn so schlimm, dass du sogar deinen Entschluss, in der Schweiz zu studieren, bereust?
Das Wort „bereuen“ würde ich nicht benutzen, aber mir tut es schon Leid, dass ich mein Studium nicht in Kroatien beendet habe. Ich wollte damals unbedingt im Ausland studieren. Alle sagten mir, dass man dort viel mehr Chancen für eine bessere Zukunft hat, da Kroatien als nicht so entwickeltes Land galt. Nach langem Nachdenken und intensiever Beratung mit meinen Eltern und meinen damaligen Lehrern, erschien mir die Schweiz als gute Lösung.
Wieso hast du gerade die Schweiz ausgewählt? Gab es einen besonderen Grund dafür?
Einer der wichtigsten Gründe dafür, dass ich die Schweiz wählte, war vor allem meine Tante, die dort mit ihrer Familie lebte. Schon seit dem ich ein kleines Kind war, besuchte ich sie oft in Zürich. Als sie von meinen Eltern hörte, dass ich darüber nachdenke im Ausland zu studieren, bot sie mir an, für den Anfang bei ihnen zu wohnen. Ein weiterer Grund war der, dass ich gute Deutschkenntnise hatte und es in der Schweiz keine Aufnahmeprüfungen an den Universitäten gibt. Da ich mich immer für Zeichnen, Mathematik und Konstruktionen interessierte, entschied ich mich schlussendlich Architektur zu studieren. Ich habe mir alles so anders vorgestellt, als es im Endeffekt war.
Wie waren denn deine Vorstellungen? Wurden deine Erwartungen erfüllt?
Ich hab mir mein neues Leben nicht so schwer vorgestellt. Natürlich wusste ich, dass ich meine Familie, meine Freunde und mein ganzes bisheriges Leben hinter mir lasse, aber ich hätte nicht erwartet, dass mir diese Getrenntheit so schwer fallen würde. Ich musste mich in einer ganz neuen Umgebung zurechtfinden. Ich fühlte mich sehr allein.
Alleine? Waren deine Tante und deine Cousinen keine Unterstüzung?
Tja, das war die erste Lektion die ich in der Schweiz gelernt hatte: Niemand hat Zeit, jeder ist im Stress. Meine Tante arbeitete in einem Krankenhaus und war erst sehr spät am Abend zu Hause, manchmal arbeitete sie sogar am Wochenende. Da sie wegen ihrer Arbeit immer sehr müde war, wollte ich sie nicht noch mehr mit meinen Problemen belasten. Mit meinen Cousinen war es nicht sehr viel anders: sie hatten einen geregelten Tagesablauf, der aus Schule und Lernen bestand. Da war nicht sehr viel Zeit für mich übrig. Ich musste da mit meinem neuen Leben ganz alleine zurechtkommen. Die ersten Monate waren die schlimmsten. Es fiel mir sehr schwer von meiner Familie getrennt zu sein und vor allem musste ich mich an die Distanz, welche die Schweizer zueinander hatten, gewöhnen.
Unterscheidet sich denn ihr zwischenmenschlicher Umgang sehr von dem kroatischen?
Ja, und wie. In der Schweiz ist jeder für sich, man teilt nicht seine Emotionen miteinander, alles ist sehr oberflächlich und distanziert. Das war auch ein Grund dafür, dass es für mich sehr schwer war, Konatkt zu den anderen Studenten aufzubauen und Freundschaften zu schliessen. Doch mit der Zeit wuchs mein Selbstbewusstsein und traute ich mich, mehr auf andere zuzugehen. Aber es brauchte sehr viel Zeit bis ich das Gefühl hatte, in die Gesellschaft integriert zu sein, obwohl es nie wirklich passieren wird.
Hast du noch immer das Gefühl, nicht richtig dazuzugehören? Behandeln dich die Schweizer anders, wenn sie erfahren, dass du eine Ausländerin bist?
Ich würde diese Frage sehr gerne mit „Nein“ beantworten, doch ich kann nicht. So neutral ist die Schweiz nun auch nicht. Ich werde noch immer manchmal als „Balkaner“ bezeichnet, der nichts zu stande bringen kann. Dabei habe ich mein Studium sehr erflogreich abgeschlossen, arbeite seit drei Jahren in einem angesehenen Unternehmen und lebe sehr gut davon. Ich arbeite meistens von morgens bis abends und komme total fertig nach Hause. Doch in der Schweiz wird man oft nicht danach gemessen, wieviel man erreicht hat, sondern eben woher man kommt und welcher Nationalität man entspricht. Viele Male ist es mir passiert, dass die Leute sehr nett zu mir waren, doch in dem Moment, wo sie merken dass ich eine Ausländerin bin, ihr Benehmen blitzschnell ändern. Als ob sie etwas besseres sind als ich.
Ist das auch ein Grund dafür, dass du Kroatien viel mehr schätzt und dir wünschst hiergeblieben zu sein?
Das ist eigentlich der grösste Grund dafür. Bitte, verstehe mich nicht falsch. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich eine Chance hatte im Ausland zu studieren und sogar dort arbeiten zu können. Viele hatten diese Chance nicht. Wer weiss, was mit mir vielleicht passiert wäre, wenn ich in Kroatien geblieben wäre. Vielleicht hätte ich nie mein Studium beendet. Doch ich kann die Schweiz nicht als mein Zuhause nennen. Ich fühle keine Verbindung zu diesen Land, noch zu den Menschen die dort leben. Immer wenn ich nach Kroatien komme, hab ich das Gefühl zu Hause zu sein.
Hast du schon darüber nachgedacht wieder nach Osijek zu ziehen? Könntest du alles in der Schweiz aufgeben und hier wieder neu anfangen?
Ich muss zugeben, dass ich sehr oft darüber nachdenke. Und nach jedem Kroatienbesuch fällt es mir schwerer, wieder in die Schweiz zu fahren. Doch ich baue mir dort langsam, aber sicher eine Karriere auf. Ich habe einfach zu viel Angst, in Kroatien keine Arbeit zu finden. Doch sobald ich mir einen Namen in der Schweiz gemacht habe, hoffe ich eine eigene Firma in Kroatien zu gründen.
Ich wünsche dir sehr viel Glück dabei! Vielen Dank, dass du auf all meine Fragen so ehrlich geantwortet hast.