Von Sandra Maček
Frau Šket mit der ich über das Leben in Deutschland und den Erwerb der deutschen Sprache spreche, ist 54 Jahre alt. Sie lebte 20 Jahre in Deutschland und jetzt ist sie schon seit mehr als 20 Jahren wieder in Kroatien. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist im Ruhestand.
Frau Šket, können Sie mir etwas über Ihre Kindheit und Jugendzeit sagen? Wie sind Sie aufgewachsen?
Ach, ich hatte eine sehr schwere und traurige Kindheit. Als ich 6 war, hat sich mein Vater erhängt und von da an, gab es in unserer Familie nur Probleme. Meine Mutter blieb alleine mit 6 Kindern. Sie arbeitete Tag und Nacht. Wir hatten kaum etwas zu essen, ich und mein Bruder teilten uns eine Schultasche, unsere Kleidung war alt und halb zerrissen und von irgendwelchen Spielsachen konnten wir nur träumen… Weil Armut herrschte, haben alle sehr jung geheiratet. Ich, zum Beispiel, habe mit nur 16 Jahren geheiratet.
Warum haben sich Sie und Ihr Mann entschieden nach Deutschland zu gehen?
Wie schon gesagt, es herrschte groβe Armut und ich würde sogar sagen, dass wir gezwungen waren so jung zu heiraten. Ich hatte Glück und heiratete den Mann, denn ich geliebt habe und noch immer liebe. Eigentlich wussten wir am Anfang nicht wovon wir leben werden, denn wir waren beide arbeitslos, doch dann bot sich die Gelegenheit nach Deutschland zu gehen. In Kroatien hatten wir einfach keine Chance eine Arbeit zu finden. Wir hatten ja keine Ausbildung.
Wie fanden Sie sich dort zurecht? Ich meine was die Sprache betrifft.
Ach, das war eine sehr harte Zeit für uns. Mein Mann und ich bekamen Arbeit in der gleichen Firma, aber wir haben uns kaum gesehen und so war ich die meiste Zeit auf mich alleine angewiesen. Wir konnten kein bisschen Deutsch. Das war die Hölle. Am Anfang habe ich so gesprochen: du kommen, du gehen, du kaufen… Wenn ich nicht wusste, wie man ein Wort auf Deutsch sagt, versuchte ich es zu zeigen, zum Beispiel zeigte ich auf den Tisch und fragte: wie Name? Oder ich benutzte viel Gestik und Mimik. Dann haben mir meine Mitarbeiter meistens geholfen.
Auβer den Mitarbeitern, die Ihnen geholfen haben, hatten Sie vielleicht noch irgendwelche Methoden für das Lernen von Deutsch?
Also nach einiger Zeit konnten wir uns endlich einen Fernseher leisten. Ich verbrachte, ohne Übertreibung, jede freie Minute vor dem Fernseher. Aber das war kein entspanntes Fernsehen. Ich saβ da immer mit einem Heft und schrieb mir alles, was ich konnte, auf, oder ich wiederholte es wie ein Papagei.
Aufgeschrieben? Wirklich? Sehr interessant. Also wie haben Sie sich das aufgeschrieben? Sie kannten ja kaum die Sprache.
Ich habe es so aufgeschrieben, wie ich es gehört habe. Zum Beispiel schrieb ich tiš und nicht Tisch. Dann habe ich dieses Heft zu meinen Arbeitskolleginnen gebracht und sie alles ausgefragt. Am meisten hatte ich Probleme mit ü und ö. Ü habe ich immer wie ein i ausgesprochen und ö wie ein e, aber, wie schon gesagt, ich hatte Freundinnen, die mir geholfen haben. Sie haben sehr viel gelacht, als ich gesprochen habe und als sie mein Heft gesehen haben. Aber das war kein böses Lachen und meistens habe auch ich mit ihnen gelacht.
Sie sagen sie haben gelacht, aber sich nicht über Sie lustig gemacht. Gab es vielleicht aus solche, die sich lustig gemacht haben?
O ja! Schön wäre es, wenn sie sich nur lustig gemacht hätten! Das waren schwere Beleidigungen. Ich war sehr jung, unerfahren und naiv. Ich habe gedacht, dass mich die Menschen akzeptieren werden, weil ich ein guter Mensch bin. Aber nein, ich war aus Jugoslawien und sie konnten Jugoslawen nicht leiden. Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, es handelte sich hier nur um ein Paar Menschen, aber genug um mir das Leben schwer zu machen.
Täglich wurde ich mit Beleidigungen wie pfuj, Dreck, Ausländer konfrontiert, oder auch du deppert, du nicht sprechen können, du haben Vogel, du zu Hause nichts zu essen haben, du gehen nach Jugoslawien…… und so weiter. Da habe ich immer sehr viel geweint.
Haben diese ständigen Beleidigungen ihre Motivation zum Sprachenlernen beeinträchtigt?
Nein, ganz im Gegenteil. Das hat mich noch mehr motiviert, wie in dem Entschluss Deutsch zu lernen, so auch in den anderen Bereichen des Lebens. Ich wollte ihnen allen Zeigen, dass ich nicht deppert bin. So bin ich nun mal, wenn es Schwierigkeiten gibt, werde ich hartnäckig und kämpfe wie ein Tiger. Ich wollte nicht zurück nach Kroatien und meine Kinder in Armut erziehen. Meine Mutter hatte keine andere Wahl, ich aber schon.
Wie lange sind sie dort geblieben?
Genau 15 Jahre und 8 Monate. Am 2. Oktober 1987 bin ich mit meinen zwei Kindern nach Hause gekommen. Mein Mann ist noch 2 Jahre dort geblieben.
Ich hätte nur noch eine Frage. Sie sind jetzt schon sehr lange wieder in Kroatien und sprechen noch immer sehr gut Deutsch. Wie kommt es, dass sie die Sprache nicht vergessen haben?
Ich habe selten die Gelegenheit Deutsch zu sprechen, aber ich liebe diese Sprache und als ich nach Kroatien zurückgekehrt bin, habe ich mir geschworen, Deutsch nicht zu vernachlässigen. Ich schaue noch heute nur deutsche und österreichische Fernsehprogramme und lese ab und zu ein Buch, also bin ich immer im Kontakt mit der deutschen Sprache.
Frau Šket, ich bedanke mich herzlich für das Interview!
Nichts zu danken. Sie haben auch mir einen Gefallen getan. Viel Glück bei ihrer Arbeit!
Frau Šket mit der ich über das Leben in Deutschland und den Erwerb der deutschen Sprache spreche, ist 54 Jahre alt. Sie lebte 20 Jahre in Deutschland und jetzt ist sie schon seit mehr als 20 Jahren wieder in Kroatien. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist im Ruhestand.
Frau Šket, können Sie mir etwas über Ihre Kindheit und Jugendzeit sagen? Wie sind Sie aufgewachsen?
Ach, ich hatte eine sehr schwere und traurige Kindheit. Als ich 6 war, hat sich mein Vater erhängt und von da an, gab es in unserer Familie nur Probleme. Meine Mutter blieb alleine mit 6 Kindern. Sie arbeitete Tag und Nacht. Wir hatten kaum etwas zu essen, ich und mein Bruder teilten uns eine Schultasche, unsere Kleidung war alt und halb zerrissen und von irgendwelchen Spielsachen konnten wir nur träumen… Weil Armut herrschte, haben alle sehr jung geheiratet. Ich, zum Beispiel, habe mit nur 16 Jahren geheiratet.
Warum haben sich Sie und Ihr Mann entschieden nach Deutschland zu gehen?
Wie schon gesagt, es herrschte groβe Armut und ich würde sogar sagen, dass wir gezwungen waren so jung zu heiraten. Ich hatte Glück und heiratete den Mann, denn ich geliebt habe und noch immer liebe. Eigentlich wussten wir am Anfang nicht wovon wir leben werden, denn wir waren beide arbeitslos, doch dann bot sich die Gelegenheit nach Deutschland zu gehen. In Kroatien hatten wir einfach keine Chance eine Arbeit zu finden. Wir hatten ja keine Ausbildung.
Wie fanden Sie sich dort zurecht? Ich meine was die Sprache betrifft.
Ach, das war eine sehr harte Zeit für uns. Mein Mann und ich bekamen Arbeit in der gleichen Firma, aber wir haben uns kaum gesehen und so war ich die meiste Zeit auf mich alleine angewiesen. Wir konnten kein bisschen Deutsch. Das war die Hölle. Am Anfang habe ich so gesprochen: du kommen, du gehen, du kaufen… Wenn ich nicht wusste, wie man ein Wort auf Deutsch sagt, versuchte ich es zu zeigen, zum Beispiel zeigte ich auf den Tisch und fragte: wie Name? Oder ich benutzte viel Gestik und Mimik. Dann haben mir meine Mitarbeiter meistens geholfen.
Auβer den Mitarbeitern, die Ihnen geholfen haben, hatten Sie vielleicht noch irgendwelche Methoden für das Lernen von Deutsch?
Also nach einiger Zeit konnten wir uns endlich einen Fernseher leisten. Ich verbrachte, ohne Übertreibung, jede freie Minute vor dem Fernseher. Aber das war kein entspanntes Fernsehen. Ich saβ da immer mit einem Heft und schrieb mir alles, was ich konnte, auf, oder ich wiederholte es wie ein Papagei.
Aufgeschrieben? Wirklich? Sehr interessant. Also wie haben Sie sich das aufgeschrieben? Sie kannten ja kaum die Sprache.
Ich habe es so aufgeschrieben, wie ich es gehört habe. Zum Beispiel schrieb ich tiš und nicht Tisch. Dann habe ich dieses Heft zu meinen Arbeitskolleginnen gebracht und sie alles ausgefragt. Am meisten hatte ich Probleme mit ü und ö. Ü habe ich immer wie ein i ausgesprochen und ö wie ein e, aber, wie schon gesagt, ich hatte Freundinnen, die mir geholfen haben. Sie haben sehr viel gelacht, als ich gesprochen habe und als sie mein Heft gesehen haben. Aber das war kein böses Lachen und meistens habe auch ich mit ihnen gelacht.
Sie sagen sie haben gelacht, aber sich nicht über Sie lustig gemacht. Gab es vielleicht aus solche, die sich lustig gemacht haben?
O ja! Schön wäre es, wenn sie sich nur lustig gemacht hätten! Das waren schwere Beleidigungen. Ich war sehr jung, unerfahren und naiv. Ich habe gedacht, dass mich die Menschen akzeptieren werden, weil ich ein guter Mensch bin. Aber nein, ich war aus Jugoslawien und sie konnten Jugoslawen nicht leiden. Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, es handelte sich hier nur um ein Paar Menschen, aber genug um mir das Leben schwer zu machen.
Täglich wurde ich mit Beleidigungen wie pfuj, Dreck, Ausländer konfrontiert, oder auch du deppert, du nicht sprechen können, du haben Vogel, du zu Hause nichts zu essen haben, du gehen nach Jugoslawien…… und so weiter. Da habe ich immer sehr viel geweint.
Haben diese ständigen Beleidigungen ihre Motivation zum Sprachenlernen beeinträchtigt?
Nein, ganz im Gegenteil. Das hat mich noch mehr motiviert, wie in dem Entschluss Deutsch zu lernen, so auch in den anderen Bereichen des Lebens. Ich wollte ihnen allen Zeigen, dass ich nicht deppert bin. So bin ich nun mal, wenn es Schwierigkeiten gibt, werde ich hartnäckig und kämpfe wie ein Tiger. Ich wollte nicht zurück nach Kroatien und meine Kinder in Armut erziehen. Meine Mutter hatte keine andere Wahl, ich aber schon.
Wie lange sind sie dort geblieben?
Genau 15 Jahre und 8 Monate. Am 2. Oktober 1987 bin ich mit meinen zwei Kindern nach Hause gekommen. Mein Mann ist noch 2 Jahre dort geblieben.
Ich hätte nur noch eine Frage. Sie sind jetzt schon sehr lange wieder in Kroatien und sprechen noch immer sehr gut Deutsch. Wie kommt es, dass sie die Sprache nicht vergessen haben?
Ich habe selten die Gelegenheit Deutsch zu sprechen, aber ich liebe diese Sprache und als ich nach Kroatien zurückgekehrt bin, habe ich mir geschworen, Deutsch nicht zu vernachlässigen. Ich schaue noch heute nur deutsche und österreichische Fernsehprogramme und lese ab und zu ein Buch, also bin ich immer im Kontakt mit der deutschen Sprache.
Frau Šket, ich bedanke mich herzlich für das Interview!
Nichts zu danken. Sie haben auch mir einen Gefallen getan. Viel Glück bei ihrer Arbeit!