Dušan und Anđelka Podbarac haben als Kroaten ein Leben in Deutschland geführt. Ich spreche mit ihnen über die Schwierigkeiten, die ein solches Leben im Ausland mit sich bringt und die Auswirkungen auf ihre Familie.
Herr und Frau Podbarac, zuerst möchte ich gerne mehr über ihre Auswanderung erfahren. Wann und wie kam es dazu, dass sie ihr Heimatland Kroatien verließen? Dušan: Bei mir war das 1970, da war ich 21 Jahre alt und das Osijeker Arbeitsamt bot mir eine Stelle bei Mercedes-Benz in Stuttgart an. Da es hier für mich wenig zu tun gab, beschloss ich, es zu versuchen.
Und aus welchen Gründen haben sie Osijek verlassen, Frau Podbarac? Anđelka: Ich war noch sehr jung als ich mich in Dušan verliebt habe. Das war 1973, ich war 17 und wir haben geheiratet. Mir blieb also nichts anderes übrig als ihm zu folgen. Ich habe zuerst in einem Restaurat bei unseren Bekannten als Köchin gearbeitet. Da ich in Kroatien meine Ausbildung zur Köchin bereits beendet habe, war es kein großes Problem für mich Arbeit zu finden. Und da unsere Bekannten auch Kroaten sind, hat mir die Sprache auch kein Problem bereitet.
Wie sahen Ihre Pläne damals aus? Wollten sie für immer bleiben? Dušan: Nein, auf keinen Fall. Wie wollten lediglich Geld verdienen, um uns in Osijek ein Haus bauen und einen Familie gründen zu können. Das Haus haben wir zwar gebaut, jedoch etwas später. 1974 kam dann unser Sohn Saša zur Welt und meine Frau zog zurück nach Kroatien.
Und wie war das für Sie, eine Ehe auf Distanz zu führen? Anđelka: Sowohl für mich, als auch für meinen Mann und unser Kind war das sehr schwierig. Dank der Arbeit meines Mannes im Ausland waren wir finanziell zwar abgesichert, doch alleine in einem so großen Haus zu leben und das auch noch mit einem kleinen Kind, das war nicht so einfach.
Dušan: Für mich war das auch nicht so leicht; ich habe viel gearbeitet und zu Hause war ich auch immer alleine. Es war viel schwerer, als wir uns das vorgestellt haben.
Und wie war das für Sie mit der Sprache, Herr Podbarac? Hat Ihnen das Schwierigkeiten bereitet? Dušan: Ja, sehr. Ich habe zuerst natürlich nichts verstanden. Doch ich war ehrlich gesagt auch nicht sehr motiviert die deutsche Sprache zu erlernen. Wie gesagt, ich wollte ja nicht lange bleiben. Ausserdem habe ich mit vielen Kroaten, Bosniern und Serben gearbeitet, mit denen ich mich in meiner Muttersprache verständigen konnte.
Haben Sie sich gut eingelebt oder fühlten sie sich nicht integriert? Dušan: Ich habe mich wegen der vielen Arbeit zuerst nicht richtig einleben können, aber das war eher ein zeitliches Problem. Doch die Deutschen haben mich und meine Kollegen sofort gut aufgenommen und wir wurden in die Gesellschaft integriert. Ich habe mich schon sehr früh in Deutschland wohl gefühlt. Das war ja für mich damals eine große Chance dort zu arbeiten und so kam es auch dazu, dass wir uns unsere Rente in Deutschland erarbeitet haben.
Und was haben Sie in der Zwischenzeit getan, Frau Podbarac? Anđelka: Eigentlich nicht viel. Ich habe unser Kind erzogen und versucht für ihn Mutter und Vater zu sein. Was natürlich sehr schwierig war.
Und wann sind Sie nach Deutschland zu Ihrem Mann gekommen? Anđelka: Das war 1991. Wir hatten damals schon unser drittes Kind bekommen. Saša und unser zweiter Sohn, Stevica, gingen in Osijek zur Schule. Saša hat sogar hier angefangen zu studieren und Stevica schloss hier die 8. Klasse ab. Ivana besuchte hiernur den Kindergarten.
Und wie wirkte sich die Auswanderung auf Ihre Kinder aus? Anđelka: Saša wollte nie in Deutschland leben, er hielt es dort nicht länger als 3 Monate aus. Dann ging er zurück, mitten in der Kriegszeit. Das war schrecklich für uns aber wir mussten ihn gehen lassen, denn wir wollten nicht, dass er unglücklich wird. Stevica passte sich in Stuttgart sehr schnell an, er vermisste zwar seine Freunde aus Osijek, doch er fand sehr schnell neue. Ivana ging ja erst in den Kindergarten und für sie gab es die wenigsten Probleme. Die Probleme kamen bei beiden erst viel später...
Was waren das für Probleme? Dušan: Sie haben einfach ihr Heimatland vermisst und waren nicht mehr so glücklich in Deutschland. Sie waren zwar froh, endlich mit ihrem Vater zusammen leben zu können, doch den Rest der Familie und die Freunde zogen sie immer zurück.
Hatten Sie damals ein schlechtes Gewissen deshalb? Dušan: Ja, sehr. Ich war ja derjenige, der die ganze Familie nach Deutschland geholt hat. Natürlich war der Krieg, der ja zu der Zeit in Kroatien ausgebrochen ist, auch ein Faktor, aber ein Vater will ja seine Familie auch bei sich haben. Da es aber weder für mich, noch für meine Frau Chancen auf Arbeit in Kroatien gab, entschlossen wir, unser Leben in Deutschland weiter zu führen.
Und haben sie Kroatien oft besucht? Anđelka: Oh ja, sehr oft. Sowohl mein Mann, als auch ich hatten die Möglichkeit gerade dann Urlaub zu bekommen, wenn die Kinder Schulferien hatten. Ich habe in einem Jugenddorf als Köchin gearbeitet und mein Mann hat sich viele Freischichten erarbeiten können und somit gingen wir jede Schulferien nach Hause. Manchmal haben wir unsere Heimat so vermisst, dass wir einfach nur über das Wochenende nach Osijek gefahren sind. Das war zwar sehr anstrengend, doch wir waren alle glücklich.
Und wie geht es Ihnen jetzt? Sind Sie glücklich mit der jetzigen Situation? Dušan: Ja, das sind wir. Wir haben uns jetzt eine kleine Wohnung in Osijek gekauft und leben seit wenigen Monaten wieder hier. Unsere Tochter studiert hier und hat bereits geheiratet, unser Ältester lebt in unserem ehemaligen Haus mit seiner kleinen Familie. Doch wie das immer so bei Auswandererfamilien ist, etwas fehlt immer...und das ist unser Sohn Stevica. Er hat sich für ein Leben in Deutschland entschieden und ist dort mit seiner Frau und seinem Sohn geblieben.
Anđelka: Ja, mein Mann hat Recht. Es ist schwierig für uns endlich richtig glücklich zu sein, denn ein Kind fehlt ja noch, aber wer weiß, was die Zukunft noch so bringt. Vielleicht kehrt er ja auch zurück...Das ist unser größter Wunsch.
Germanistikstudentinnen und -studenten der Philosophischen Fakultät Osijek berichten über Menschen zwischen Kroatien und Deutschland, zwischen Heimat und Fremde. Sie bieten Einblicke in das Leben von Gastarbeitern, Flüchtigen und Heimkehrern und werfen ein Licht auf ihre bewegte Stadt.