Eine alleinerziehende Mutter in einem fremden Land

Von Ana Mandić

Frau Horvat ist eine alleinerziehende Mutter, die aus Not mit ihren 2 kleinen Kindern aus ihrem Heimatland Bosnien und Herzegowina in ein ganz fremdes Land fliehen musste. Der Heimatkrieg zwang sie Vieles zu tun, um zu überleben. Sie hatte ihre 2 Kinder und einen Koffer mit Sachen.

Frau Horvat, sie sind im Heimatkrieg Witwe geworden. Wie Alt waren sie damals?
Im Heimatkreig fiel mein Mann, er war erst 26 Jahre als er für das Land sein Leben geben musste. Ich blieb alleine mit meinen Kindern. Damals war ich nur 25 Jahre alt, meine Kinder Ana 6 Jahre und Mario 2 Jahre alt. Das Leben war damals unbeschreiblich. Ich stand alleine, ohne irgendeine Hilfe, verlassen von allen. Ich weiß nicht was mir damals die Kraft gegeben hat nach vorne zu sehen.

Wo haben sie gewohnt, nachdem sie aus Bosnien und Herzegowina fliehen mussten?
Wir hatten Unterkunft bei unserem Patenonkel in Županja gefunden. Er hat mir sein Haus gegeben, damit ich mit meinen Kindern irgendwo schlafen konnte. Jeden Tag betete ich zu Gott, dass er mich und meine Kinder beschütze. Wir lebten von Gaben vieler guter Menschen, die Lebensmittel nach Kroatien schickten. Am liebsten will ich nicht an die Zeit erinnert werden. Ich war in der Welt verloren, ohne Mann, ohne ein Licht in der Zukunft.

Was hat sie gezwungen nach Deutschland zu kommen?
Ich weiß nicht wie ich Ihnen die Zeit der Flucht beschreiben soll. Jeden Tag musste ich etwas für meine Kinder finden womit ich sie ernähren konnte. Der katholische Priester hat uns jeden Tag ein Brot und Nudeln oder etwas Fisch geschenkt. So weiterleben konnte ich nicht mehr. Den einzigen Ausweg sah ich darin, nach Deutschland zu fahren. Mein Schwager hat uns Geld geliehen für die Buskarte. Und somit fuhr ich mit meinen 2 Kindern und einem Koffer nach Deutschland.

Wie haben sie sich in einem fremden Land ganz alleine Gefühlt? Hat ihnen jemand geholfen?
Als wir ankamen, lebten wir eine Woche bei meinen Schwager, aber schnell wurde mir klar, dass ich mit meinen Kindern nur störe. Damals konnte ich nicht über Gefühle nachdenken. Ich musste für meine Kinder kämpfen, sie hatten ja nur mich.

Wovon haben sie gelebt?
Der Schwager hat für mich eine Arbeit als Köchin gefunden, in Gagenau. Von meinen Arbeitgebern habe ich ein kleines 12 m² Zimmer bekommen. Ich arbeitete den ganzen Tag über, hatte nur eine Mittagspause von einer Stunde. Meine Kinder wohnten alleine in diesem Zimmer. Auch in diesen schweren Tagen dankte ich Gott, dass ich eine Arbeit habe und meine Kinder nicht hungrig sind. Die Arbeitgeber waren sehr nett, ich konnte ja kein Deutsch, so haben sie mir sehr geholfen mit den Genehmigungen. Meine Chefin hat sogar meine Tochter Ana in die Schule eingeschrieben. Ana hat übrigens zu dieser Zeit die Erziehung meines Sohnes Mario übernommen. Dies dauerte 1 Jahr, danach hat sich mein Schwiegervater gemeldet und mir angeboten, zu ihnen zu kommen. Sie lebten in Heiligkreutzsteinach. Dort haben wir von Sozialhilfe gelebt. Außerdem ging ich noch schwarz arbeiten, ich arbeitete als Putzfrau.

Wie hat die neue Umgebung auf ihre Kinder gewirkt?
Meine Kinder sind sehr kommunikativ, für sie war es nicht schwer die neue Sprache zu beherrschen. Ana hat in Deutschland die Grundschule beendet und Mario die dritte Klasse. Wir hatten dort eigentlich sehr viele Freunde, und zwar Deutsche, die sehr nett und Hilfsbereit waren. Mit Vielen sind wir immer noch befreundet. Sie kommen uns immer noch besuchen, nach so vielen Jahren.

Wieso sind sie nach Kroatien zurückgezogen?
Die ganzen Jahre in Deutschland wusste ich, dass ich nach Kroatien zurück fahren musste. Irgend etwas hat mich nach Kroatien gezogen. Nach vier Jahren kam dann der Entschluss zur Rückkehr. Mein Mann hat für das Land sein junges Leben geopfert, damit wir in Frieden leben konnten. So wollte ich, dass meine Kinder auf ihren Vater stolz sind.

War das für sie ein schönes Erlebnis, in Kroatien zu sein?
Die Rückkehr war eine sehr große Enttäuschung. Die Kinder hatten Probleme in der Schule mit ihren Lehrern und Mitschülern. Sie wurden ausgelacht, geprügelt und das alles nur weil sie nicht „richtig“ Kroatisch konnten. Wir hatten auch sehr viele Probleme mit den Nachbarn, sie waren neidisch. Ein Nachbar hatte uns sogar ausgeraubt. Die ersten zwei Jahren in Kroatien waren die Hölle.

Also, die Rückkehr war für sie ein schlimmes Erlebnis?
So etwas, wie die Rückkehr könnte ich nicht noch einmal überleben. Jetzt haben wir uns nach 13 Jahren eingelebt. Als ich ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland kam, war es für mich leichter als in Kroatien, wo ich die Sprache verstanden hatte, aber die Leute nicht. Es ist für mich sicher, die Deutschen sind hilfsbereiter als die Kroaten.

Am Ende will ich sie nur noch fragen, woher sie für all die Jahre die Kraft genommen haben?
Die Quelle, sind meine zwei wunderbaren Kinder. Ich hatte nur sie, und für sie lohnt es sich zu kämpfen. Jetzt, wo ich älter bin, könnte ich das nicht noch einmal überleben. Das Leben war damals gemein zu mir. Jetzt genieße ich die Zeit mit meinen Kindern und Enkelkindern