Zurück in die Zukunft

Von Danijela Vrhovac

Wir befinden uns in dem kleinen, gemütlichen Urlaubshaus des 60-jährigen Marko Juric, der schon seit 20 Jahren Lastwagenfahrer ist. Nach vielen Jahren ist sein Wunsch erfüllt und er hat sein Familienhaus in Bosinien wieder aufgebaut.

Guten Tag, Herr Juric! Wie ist das Gefühl nach so vielen Jahren wieder im eigenen Haus zu sein?
Grüβ Gott! Das Gefühl ist unbeschreiblich, ich kann es noch nicht fassen, dass ich im Haus sitze wo ich geboren und aufgewachsen bin. So viele Jahre war ich nicht hier, dass ich es kaum glauben kann. Man kann nie wissen, was das Leben mit sich bringen wird.

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie nach Deutschland gegangen sind?
Es war Anfang der 70-er Jahre, meine Schwester ist vor mir nach Deutschland gegangen um dort zu arbeiten und nach einiger Zeit hat man mir dort auch eine Arbeit angeboten, denn Deutschland brauchte Arbeitskraft und wir brauchten Geld. Da man in Bosnien nur Bauer sein konnte, haben ich und meine Frau nicht lange gezögert.

Wie war diese Erfahrung?
Schwer! Allein in einem fremden, groβen Land... Es war schön, für die Familie verdienen zu können, aber es war schwer von ihnen getrennt zu sein. Lange Zeit brauchten wir, um uns daran zu gewöhnen. Man musste die Sprache lernen und das war nicht leicht. Wir mussten viel arbeiten, um uns anzupassen, wir lebten in Wohngemeinschaften, mussten eine neue Kultur annehmen... Wir mussten einfach begreifen, dass jetzt Deutschland unsere Heimat ist. Ein sehr schwerer Anfang.

Waren Sie glücklich?
Einigermaβen! Wie ich grade sagte, ich konnte meiner Familie helfen, sie waren unter den Wenigen, die in Bosnien einen Fernseher, eine Waschmaschine und Jeans hatten. Es klingt komisch, aber so war es. Leute, die im Feld arbeiteten, hatten kein Geld um sich so etwas zu leisten. Doch es gab auch Negatives, weil wir nach einem Jahr ein Kind bekamen und wir mussten es bei meiner Schwester in Bosnien lassen, um arbeiten zu können. Nach einem Jahr bekamen wir das zweite Kind und von diesem mussten wir uns auch trennen. Das war die schwerste Entscheidung. Daher war das kein Glück, aber es musste so sein.

Wie lange dauerte diese schwere Phase?
Gegen 15 Jahre, da kamen auch meine Kinder nach Deutschland. Sie gingen dort in die Mittelschule. Da fing das Glück an, als wir zusammen waren. Wenn sie nicht gekommen wären, hätten sie kein Visum bekommen und hätten dann nicht in Deutschland bleiben können. Das war kurz vor dem Krieg, da kam die Rückkehr nach Bosnien nicht in Frage und Deutschland wurde unsere zweite Heimat. Mit dem Krieg kamen viele von unserer Familie hierher und dann war das Leben angenehmer.

Wie kam es, dass Sie Ihr Haus erst nach so vielen Jahren wieder aufgebaut haben?
Nach dem Krieg war alles bis zum Boden zerstört und man fühlte sich dort nicht sicher. Es war schwer einfach dorthin zu gehen und so was zu sehen. Es tat weh. Als wir zum Urlaub kamen, hatten wir Unterkunft bei der Familie und so mussten wir nicht zu unserem Haus gehen. Jetzt nach so vielen Jahren haben wir Kraft gefunden und unseren Wunsch erfüllt. Er war schwer anzufangen, doch als das überwunden war, ging alles wie von selbst.

Was wird weiter aus Ihrem Leben?
Schön ist es in Deutschland, dass ist ja unsere zweite Heimat. Aber ich hoffe, dass wenn ich in ein Paar Jahren in Rente komme, hierher züruckzukehren werde. So eine Ruhe und Schönheit wird mir gut tun. Meine Kinder sind versorgt und ich möchte meine Nostalgie nachholen. Ich denke, dass ich es verdient habe.

Herr Juric, ich danke Ihnen für diese Erzählung und wünsche ihnen noch viele schöne Jahre in ihrem Haus.