Der Bau des Schienenwegs Brcko-Banovici 1946

Von Katarina Deanović

Die Bahn Brčko – Banovici ist eine Bahn in Nord-Bosnien, mit einer Länge von 92 Kilometern. Die Bahn wurde als Ergebnis der ersten Jugend-Arbeitsaktion in Jugoslawien geschaffen. An ihrem Ausbau arbeiteten 62.268 junge Menschen aus ganz Jugoslawien und mehr als 1.000 Brigadeleiter aus dem Ausland. Mehr Information bekam ich von meinem Opa Anto Ugljesic, der einer der Arbeiter war.

Opa, sag mal wie alt warst du als man mit dem Bau angefangen hat?
Ich war grade 9 Jahre alt. Ein Jahr davor starb mein Vater und da ich der einzige Mann im Haus war musste ich Hilfe leisten bei dem Ausbau der Bahn.

Auf wessen Initiative wurde die Bahn erbaut?
Diese Bahn wurde auf Titos Initiative gebaut. Tito war ein hervorragender Staats
präsident Jugoslawiens. Die ganze Jugend mochte ihn und alle arbeiteten freiwillig an dem Ausbau der Bahn, mit sehr viel Optimismus

Wie lange dauerte der Ausbau der Bahn?
Nicht sehr lange. Etwa im Mai fing man mit den Arbeiten an und schon im November war die Bahn fertig. Die erste Zeit arbeiteten wir mit schlechtem Werkzeug, wenig Material und fast ohne Maschinen. Doch dann wurde es mit der Zeit viel besser, wir bekamen neues Werkzeug und ein paar
Maschinen, die die Arbeit erleichterten.

Warum war der Ausbau gerade dieser Bahn sehr wichtig für Jugoslawien?
Diese Bahn spielte eine sehr
große Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung Jugoslawiens. Doch sie hatte noch andere wichtige Rolle. Dank dieser Bahn konnten erforderliche Rohstoffe aus Bosnien nach Kroatien oder Serbien transportiert werden.

Was für Rohstoffe waren das?
In Tuzla ist eine Salzgrube, auch heute ist das Salz aus Tuzla weltbekannt. In Banovici gab es ein Braunkohlenbergwerk und oft wurde Eisen von Banovici nach Brcko transportiert.

Opa, was war deine Aufgabe in der ganzen Sache?
(lacht) Da ich klein war hatte ich eine leichtere Aufgabe. Am Anfang musste ich nur
Essen und Trinken an die Arbeiter verteilen. Meine Mutter backte jeden Tag sehr viel und unseren besten Schnaps mussten wir den Brigadeleitern schenken. Es war nicht leicht für sie im September oder November in der Kälte zu arbeiten, ein Gläschen Schnaps bekam jedem gut.

Und was war später?

Ja, später musste auch ich e
in bisschen arbeiten. Ich musste mit meinem besten Freund Steine verkleinern. Das waren nicht große Brocken, aber es gab viel zu arbeiten. Ein paar mal gab es auch Blut, aber ich bin ja ein Junge und Jungs weinen nicht.

Gab es auch
Mädchen, die Hilfe leisteten?
O, sehr viele sogar. Mir gefiel besonders eine kleine Maria, die jeden Tag mit ihrer Mutter kam. Doch Maria war eine Deutsche und ich konnte kein Wort deutsch. Doch die anderen sprachen davon, dass Maria eine Gefangene war. Alle Gefange
nen sollten nach dem Ausbau der Bahn freigelassen werden, worüber ich traurig war, denn ich wusste das ich meine Maria dann nicht mehr sehen werde. So war es auch, aber trotzdem heißt heute meine Frau auch Maria, und ich liebe deine Oma über alles.

Was für Gefangene waren das?
Das waren
Gefangene, die in Jugoslawien geblieben sind nach dem zweiten Weltkrieg. Viele unsere Familien waren in Deutschland gefangen und so sind auch die Deutschen bei uns gefangen geblieben. Aber niemand hat sie geschlagen oder verhungern lassen, vielmehr konnte man sagen, dass sie sich schon Unsere waren. Manche konnten sich sogar ein bisschen auf Kroatisch verständigen.

Wo habt ihr geschlafen?

Wir sch
liefen in Holzbaracken. Drinnen gab es zweistöckige Betten, die uns die Armee schenkte. Auf jedem Bett schliefen zwei. Es gab Baracken für Frauen und für Männer. Manche schliefen auch in Privathäusern die mehr Zimmer hatten.

Gab es auch andere Sachen ,die man tun konnte, die für die Schwächeren geeignet waren?
Eine gute Frage, ich hätte schon fast vergessen. Meine Schwester pflanzte mit den anderen Dorfmädchen neue Obstbäume an. Der Bahn entlang wurden überall Obstbäume angepflanzt im Abstand von 50m.

Was war mit der Kleidung?

Jeder hat neue Schuhe, Jacke, Hose und Pullover bekommen. Alles war in blau, nur die Mütze hatte einen roten Stern. Der Stern war für Jugoslawien.

Wann fuhr der erste Zug?

Der erste Zug fuhr am 7. November 1946. Auch Staatspräsident Tito war bei der Eröffnung anwesend. Die
Waggons waren voll, viele standen an den Türen, alles wimmelte von Jugendlichen. Alle sangen das Tito-Lied. Die Mütter und Väter weinten vor Glück, das war ein Fest des Jahrhunderts.

Danke für
Zeit die du mit mir verbracht hast. Es war sehr angenehm mit dir in Gesellschaft zu sitzen und danke, dass du uns in deine Kindheit zurückkehren ließest.
Mir tat es auch sehr gut darüber zu sprechen.
Diese Tage sollen nicht in Vergessenheit geraten.