„Hier gibt es keine Korruption, keine Briefumschläge mit Geld und wir sind sehr gut behandelt.“

Von Martina Valenčak

Herr S., Gastarbeiter aus Kroatien, lebt schon 43 Jahre mit seiner Frau in Deutschland. Ob sie nach Kroatien zurückkehren werden, ist noch fraglich. Die Gründe dafür nannte er uns in diesem Interview.

Herr S., wie und wann hat alles angefangen? Wann und warum sind Sie nach Deutschland gegangen?
Das ist schon lange her, 1969, angefangen. Ich wollte arbeiten, aber im ehemaligen Jugoslawien war das für mich schwer. In meinem kleinen Dorf gab es gar nichts, keine Chance dafür. Ich sollte nach Zagreb oder nach Slowenien arbeiten gehen, aber dann habe ich entschieden: wenn ich schon von Zuhause weg bin, dann gehe ich nach Deutschland. Dort gab es viel Arbeit und sie war sehr gut bezahlt.

Was für Motive haben Sie dafür gehabt?
Zuerst wollte ich arbeiten um etwas Geld zu verdienen, sparen und Landmaschinen kaufen, weil ich in kleinem Dorf lebte, wo es nur Landwirtschaft gab.

Gab es Krisen, psychische oder irgendwelche? Hatten Sie Probleme, z.B. mit der Sprache? Wie sind Sie damit umgegangen?
Natürlich, es war schwer. Zuerst bin ich ins fremde Land gekommen, dann die fremde Sprache war ein Problem. Ich habe nur ein paar Worte verstanden und sprechen konnte ich gar nicht. Es gab noch ein paar Kollegen aus Jugoslawien, die Deutsch konnten, aber auch nicht viel. Ich habe in der Schule kein Deutsch gehabt. Ich habe mich aber engagiert, ein Wörterbuch gekauft und jeden Abend habe ich gelernt. Jeden Tag lernte ich Deutsch ein wenig, so brauche ich heute keinen Dolmetscher, der mir übersetzen sollte.

Wann war es am schwersten?
Am schwersten war es bei der Arbeit, auf Baustelle. Man verstand nicht was man tun sollte und bei Einkaufen musste ich dann mit Händen zeigen und viele falsche Worten verwenden, bis wir zum Ergebnis kamen. Dann war ich allein hier, ohne Familie. Ich habe meine Frau und ein Kind gehabt, die in meinem kleinen Dorf in Jugoslawien waren.

Haben Sie irgendwann gewünscht, nach Hause zu gehen?
Ja, natürlich wollte ich nach Hause für immer gehen. Zum Beispiel: nach drei Jahren habe ich Geld für Landmaschinen gehabt, aber dann sind andere Pläne gekommen. Ich wollte aus meinem kleinen Dorf wegziehen. Dann hat alles neu angefangen. Ein neuer Plan ist gekommen. In Nasice habe ich ein altes Haus gekauft und meine Familie nach Nasice gebracht. Dann haben wir das neue Haus zu bauen angefangen, aber dann meine Frau musste mit mir nach Deutschland gehen, weil das alles konnte ich nicht allein schaffen.

Wie waren die Leute in Deutschland?
Die Leute in Deutschland waren hilfsbereit. Sie haben auch Geduld gehabt, aber das war auch die Aufgabe von Arbeitgebern. Trotzdem haben wir oft schlechtere Arbeit bekommen, weil wir Ausländer waren.

Können Sie das Leben in Deutschland und in Kroatien vergleichen - damals und heute?
Wenn ich das Leben in Deutschland und auch in Kroatien damals und heute vergleiche, gibt es große Unterschied dazwischen - Kroatien ist viel nach vorne gekommen, aber Deutschland noch weiter.

Können Sie einige Vorteile und Nachteile des Lebens in Deutschland nennen.
Ich lebe noch immer in Deutschland. Hier bekomme ich meine Rente genau jeden ersten Datums im Monat und zwar im Voraus. Ich habe auch einen guten Hausarzt. Ja, nun Medizin ist auch gut und noch was: hier gibt es keine Korruption, keine Briefumschläge mit Geld und wir sind sehr gut behandelt.

Was würden Sie zukünftigen Gastarbeiter empfehlen?
Wenn es um Gastarbeiter geht, jeder soll selber entscheiden. Hier hat man etwas mehr Geld, aber fremdes Land ist fremd, wo auch Familie fehlt.


Ihrer Meinung nach, wird das Leben der kroatischen Gastarbeiter in Deutschland besser oder schlechter sein, nachdem Kroatien der EU beigetreten ist? Wird das Leben der Kroaten in ihrem eigenen Land besser sein?
Wenn Kroatien in die EU kommt, kommt einiges besser, zum Beispiel, es gibt keine Grenze. Wenn ich zurück denke, wie es am meinen Anfang war: Es gab so viele Grenzen und auf jeder Grenze musste man warten, und jedes Land hatte andere Währung. Aber wenn die sagen, dass die Arbeitgeber nach Kroatien Geld investieren sollen, und dass es viele neue Arbeitsplätze geben sollte, das passiert nur wenn Kroatien in die EU kommt. Natürlich das müssen die großen Politiker machen.

Haben Sie den Plan, nach Kroatien zurückzukehren? Warum?
Ja, ich will nach Kroatien zurückkehren, weil das meine Heimat ist und dort leben meine Kinder und Enkelkinder, aber den genauen Termin habe ich noch nicht.

Was passt Ihnen am besten in Deutschland? Was vermissen Sie dort am meisten?
Ich bin hier mehr sozial versichert und das ist der Hauptgrund warum wir noch in Deutschland leben. Obwohl wir unsere Familie vermissen, wie ich schon genannt habe, gibt es Sachen, die hier besser sind, aber es gibt auch Sachen, die hier schlecht sind. Es geht um ein Ziel, dass die ganze EU mal gleich kommen soll. Dann gäbe es so auch gleiche EU Bundesgesetze, das heißt, gleiche Rechte und Pflichte für alle in der ganzen Union, also auch wenn Kroatien das EU Mitglied wird. Wenn es passieren würde, wäre es ein Beweggrund für unsere Rückkehr.

Vielen Dank für das Interview Herr S.!
Nichts zu danken!